09.04.2017 |
Before the Flood (Film) |
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Nun habe ich ihn mir endlich angesehen: Leonardo DiCaprios National Geographic
- Film "Before
the Flood". Leonardo ist ja UN-Friedensbotschafter und hielt
beim Pariser Klimagipfel eine Rede; sein Einsatz für die Umwelt und
gegen den Klimawandel sind allgemein bekannt.![]() Der Film ist teilweise vorsichtig optimistisch, er entstand vor, während und nach den Pariser Klimagesprächen (COP21) und propagiert letztendlich vor allem einen Ausbau von erneuerbaren Technologien und politischen Maßnahmen wie einer Carbon Tax (Steuern auf CO2 - Emissionen). Was vor allem vermittelt wird, sind eindrucksvolle Bilder von brennenden Wäldern, Palmölplantagen, soweit das Auge reicht und ausgebleichten Korallenriffen. Der emotional direkt wirkende visuelle Eindruck steht im Vordergrund, mit Zahlen, Daten und Fakten hält man sich nicht lange auf. Was dem Film nicht schadet, ganz im Gegenteil - wer sich informieren will, findet mittlerweile wirklich mehr als genug Information im Internet und in zahlreichen Büchern und Texten. Was bleibt: Dinge entwickeln sich schneller als vorhergesagt, und wir haben nicht mehr viel Zeit! Es gibt einen sehr interessanten Moment im Film, als DiCaprio sich mit einer indischen Expertin unterhält, die ihm klipp und klar sagt (ca. ab Minute 35:50): Amerikaner stehen - aufgrund ihrer Konsumgewohnheiten - an der obersten Stelle der Verschmutzer und CO2 - Verursacher. Solange da kein Umdenken, dem auch Taten zu folgen haben, zu sehen ist, wird auch der Rest der Welt nicht folgen. Worauf DiCaprio antwortet: Not gonna happen. Auf deutsch: Wenn wir darauf warten, dass der/die Amerikaner ihren Lebensstil und ändern (oder gar auf etwas verzichten!), sind wir geliefert. Und hier setzt auch Rob Hopkins Kritik (en) an dem sonst sehr gelungenen Film an: 1. Der Fokus liegt vor allem - wie schon erwähnt - auf Technologien (zB Speichermedien für Sonnenenergie) und politischen Maßnahmen, was den Zuseher mit dem Gefühl zurücklässt, es liegt an den Reichen und Mächtigen, etwas zu tun. Was komplett ausgeklammert wird: Es gibt bereits überall auf dem Globus regionale Initiativen, die auf lokale Gemeinschaften und konkrete Aktivitäten setzen, die langfristig womöglich zielführender sein werden, weil jede/r daran teilnehmen kann, wie im Film "Tomorrow" eindrucksvoll gezeigt wird. Außerdem sind in der Realität Politiker eben nicht unsere "Führer", sondern eher "Nachläufer": Die Politik kann nur aufgreifen, was schon Zustimmung findet bei zumindest einem Teil der Bevölkerung. 2. Rob Hopkins spekuliert, dass einem Mann wie Leonardo DiCaprio bestimmt klar sein muss, wie sehr sein eigener Lebensstil dem widerspricht, was er predigt. Damit will er ausdrücklich nicht sagen, dass Leonardo ein Heuchler ist, der besser seinen Mund halten sollte, sondern dass - ganz im Gegenteil - der Film noch einen viel stärkeren Eindruck hätte hinterlassen können, wenn dieser Zwiespalt im Film thematisiert worden wäre. Leonardo DiCaprio ist Teil der 1%, die mit ihrem luxuriösen Lebensstil (eigene Yachten, Privatflugzeuge, mehrere Häuser über den Globus verstreut,...) einen hohen Anteil der CO2 - Emissionen zu verantworten haben: Die reichsten 10% verursachen 50% der Emissionen (guardian, en). Und da verlangen wir von den Indern (die zu einem beträchtlichen Teil noch ohne Strom leben!) und Chinesen, sie mögen doch bitte nicht so viel Kohle verheizen? Angesprochen auf diese Fakten, ist Leonardo im Prinzip sprachlos: Das Konzept "Verzicht" (oder wenigstens "Genughaben") kommt in dem Film nicht vor. [In diesem Zusammenhang hat mich dann folgendes interessiert: Wenn von den reichsten 10% die Rede ist - gehöre ICH da am Ende auch dazu? Mir ist klar, innerhalb Österreichs zähle ich definitiv zu den ärmeren Menschen, ich habe so gut wie kein Vermögen und lebe von ca. € 1.000,- im Monat, das ist so in etwa die Armutsgrenze. Aber natürlich gehöre ich damit im weltweiten Vergleich immer noch zu den Glückspilzen. Ich habe eine Seite gefunden, die sich damit befasst, allerdings ist zu berücksichtigen, dass es hier nur ums Einkommen geht, und nicht um Vermögen - das sind ja auch noch mal zwei paar Schuhe, denn es macht einen Unterschied, ob die € 1.000,- aus Zinserträgen meines "Ersparten" kommen, oder sich aus Teilzeitjob und Wohnbeihilfe zusammensetzen. Egal, wie großzügig oder streng ich mein Einkommen bemesse, zähle ich damit in Österreich auf jeden Fall zu den ärmsten 25%, bin aber weltweit definitiv unter den 5-10% Top-Verdienern! Schon erstaunlich.] Irgendwo wissen doch alle, dass wir es mit Wind- und Sonnenenergie allein nicht schaffen werden, der ganzen Welt einen Lebensstandard eines Amerikaners (oder Europäers) angedeihen zu lassen. Es ist wie Niko Paech sagt: Wir werden uns alle auf einem weit niedrigeren (Konsum-) Niveau treffen müssen, wenn das auf Dauer gutgehen soll... Oder um es deutlich zu machen: Solange unsere Wirtschaft wachsen muss, ist jeder Versuch, die Umwelt oder das Klima zu "retten", zum Scheitern verurteilt: Was nützt es, wenn einzelne Geräte, Maschinen, Autos,... effizienter werden, aber insgesamt mehr davon verwendet werden, sodass der Gesamtverbrauch bzw. -ausstoß steigt? Was nützt es, wenn der relative Anteil an erneuerbaren Energiequellen steigt, der absolute Verbrauch aber ungleich schneller? (Das ist es nämlich, was aktuelle Zahlen zeigen.) Für Umwelt und Klima zählt schlicht und ergreifend, was am Ende der Rechnung rauskommt, und eine Verlangsamung des Anstiegs ist immer noch eine Steigerung - Reduktion ist etwas ganz anderes. Und auch eine Pro-Kopf-Reduktion bedeutet gar nichts, wenn wir insgesamt einen Anstieg verzeichnen. Aus irgend einem Grund scheint das sehr schwer zu verstehen sein. Aber zurück zum Film: Sehenswert und beeindruckend ist er allemal, auf eine beklemmende Art und Weise. Besonders jetzt, wo Donald Trump gerade dabei ist, in den USA alles nieder zu reißen, was an Umwelt- und Klimaschutz aufgebaut wurde. Den Film gibt's online zu sehen: englisch: youtube deutsch: Teil 1, Teil 2 |
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