30.03.2021

KW 13 / 2021: Now I'm sad and tired

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Then I was inspired
Now I'm sad and tired
* * *


Jesus Christ Superstar ("Gethsemane") 1973/2000
dt. Jesus Christ Superstar ("Gethsemane")
Ted Neely (Jesus, 1973), Glenn Carter (Jesus, 2000)
Jesus Christ Superstar: Die biblische Ostergeschichte im Musical-Format. 'nuff said.


Alle Jahre wieder schau' ich mir zu Ostern die Musical-Verfilmung an - meine Ostertradition! Ich SEHE mir lieber die neuere Version an (2000), HÖRE aber bevorzugt die alte (1973). Glücklicherweise muss man sich da nicht entscheiden, man kann auch beides haben. Nicht gleichzeitig natürlich.

Anhören: Gethsemane  ▸ Version 2000  /  ▸ Version 1973

Es gibt übrigens auch eine deutsche Version (zumindest Audioaufnahmen), und ich muss sagen: gewöhnungsbedürftig.

Mir gefällt, wie Judas in der Geschichte dargestellt wird, denn am Ende ist er die tragische Figur: Er wollte eigentlich nur das Beste, hat Jesus widerwillig verraten, um ihm einen Schrecken zu verpassen, um ihn so auf den (seiner Meinung nach) richtigen Weg zurück zu bringen - und was hat er angerichtet!

Dass Jesus (angeleitet von Gott) einem ganz anderen Plan folgt, und Judas letztendlich nur der Erfüllungsgehilfe ist, macht es erst recht tragisch.


Wenn wir mal den Kontext des Musicals ausblenden (natürlich vergleiche ich mich nicht mit Jesus!), dann fühle ich mich vom Zitat auch gut beschrieben: Nicht unbedingt der sad/traurig - Teil, aber müde, ja. Müde im Sinne von desillusioniert, zynisch. Man wächst auf in dem Glauben, dass es so etwas wie eine gemeinsame Basis für das Leben und Überleben als Mensch(heit) gibt, vielleicht nicht im Detail, aber doch, wenn es um das große Ganze geht.

Und dann kommt man immer mehr drauf, dass es so viele verschiedene Ansichten, Wertvorstellungen, Prioritäten gibt, dass es schier unmöglich scheint, die großen Probleme zu bewältigen. UND dann hängt über alle dem noch die unstillbare Gier einzelner.

Wenn es um kurzfristige, lokale Katastrophen geht (zB Erdbeben), da hilft man sich gegenseitig und ist von der Solidarität und Hilfsbereitschaft ganz gerührt, aber wenn das ein wenig länger dauert, oder den eigenen Lebensstandard, die eigenen Gewohnheiten betrifft, dann schaut es sehr schnell ganz anders aus.

Ja, wir sind (fast) alle dafür, dass "man" gegen den Klimawandel etwas tun muss, aber sobald das Einschränkungen für mich bedeutet, hört sich der Spaß auf! Weil meine persönliche Freiheit steht ganz vorne, dann kommt lange nix, und dann können wir gerne mal über Umweltprobleme reden.

Corona hat auch hier das Scheinwerferlicht hingelenkt und die Grenzen von kollektivem Handeln aufgezeigt. Und von Eigenverantwortung übrigens auch.

Dabei kann man niemandem einen Vorwurf machen, denn jeder pickt sich aus den "Fakten" und Meinungen diejenigen raus, die am besten zu einem passen, und strickt sich daraus den Maßnahmenkatalog, der dann logisch und sinnvoll erscheint.

Und da wir uns - auch dank Social Media und teilweise gezielten Desinformationskampagnen von Leuten, die sich wichtig machen müssen/wollen - noch nicht einmal mehr auf die grundlegensten Fakten einigen können, kann auch das Finden von geeigneten Maßnahmen nie gelingen. Dass Politiker die Lage dann auch noch parteipolitisch nutzen wollen und die Situation dadurch noch mehr verzerren, hilft auch nicht.

Dann kommt noch dazu, dass wir in den letzten Jahrzehnten gelernt haben, dass alles immer sofort möglich sein muss ("geht net gibt's net"), auf Knopfdruck wird geliefert, oder man springt ins Auto und holt es sich selber. Jeder ist immer erreichbar, und Erdbeeren im Winter sind genauso selbstverständlich wie der Billigflug nach London oder New York und Skifahren ganz ohne Schneefall. Wir machen die Nacht zum Tag.

Wir haben uns weitgehend von dem entkoppelt, was seit Menschengedenken selbstverständlich war: Dass im Kreis der Jahreszeiten und im Zusammenspiel mit natürlichen Phänomenen (zB Wetter) eben nicht immer alles verfügbar und möglich ist. Öfter als uns vermutlich lieb war hieß es: Das geht jetzt eben nicht!

Bei der ganzen Corona-Misere ist das mühsam und am Ende vermutlich sogar leidensverlängernd (mit ein paar wirklich konsequenten, aber kürzeren Lockdowns hätte man das Geschehen wahrscheinlich viel besser einhegen und damit u.U. sogar die Mutations-Gefahr verringern können).

Wenn es um Umweltzerstörung im Allgemeinen und Klimawandel im Speziellen geht, wird das wirklich verheerend sein. "Aber die Arbeitsplätze!" höre ich da, und "Niemand kann mir vorschreiben, ob ich ein Auto besitzen darf oder nicht!" Hoffnungslos.

Irgendwann mal war ich motiviert. Jetzt bin ich desillusioniert.

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Das Kalender - Fotomotiv zeigt das "Drüsige Springkraut", das der indische Bruder des eigentlich heimischen (gelben) Springkrauts ist.


 
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