05.07.2023

Heimweg*

dispatches

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Tag 3 meines Ukrainisch-Unterrichts, und es fühlt sich ein wenig so an, als wäre es Woche 3. Mein Kopf raucht, ich weiß nicht, ob ich mir einen Bruchteil von dem, was ich versucht habe reinzustopfen, auch merken werde.

Meine Lehrerin spricht unglaublich schnell (auf Ukrainisch und Englisch), es ist alles ein bisserl viel. Am Montag hatte ich gleich soviel Hausübung, dass ich bis zum Schlafengehen dabei gesessen bin.

Dass ich keinen Drucker habe, ist auch ein wenig unpraktisch. Und doch: Gestern habe ich dann eine Abschlussübung zum Kapitel gemacht und war ganz überrascht, dass ich doch sehr viel verstanden habe.

[Wen der lange Text nicht interessiert: Am Ende gibt's noch ein paar Fotos...]

Das Problem mit dem Ukrainisch-Lernen von Anfang an ist/war nämlich folgendes: Der Ukrainisch-Kurs auf duolingo ist wirklich sehr rudimentär: Es gibt keine Grammatik-Erklärungen und auch keine erweiternden Übungen, wie beispielsweise eine kleine Geschichte zu lesen oder anzuhören, zu der man anschließend Fragen beantworten muss. (Ich habe mir zum Vergleich den Englisch-Deutsch - Kurs angesehen, da frisst einen der Neid, was es da an Übungen und Erklärungen gibt!)

Mit duolingo wiederholt man stur die immer gleichen Übungen, Sätze, Phrasen, was insofern nützlich ist, als dass man sich die betreffenden Sachen wirklich merkt, allerdings auch den Nachteil hat, dass ich bei allem, was nur ein wenig davon abweicht, komplett blank dastehe.

Ich habe mir deshalb auch ein paar andere Quellen gesucht, zum Beispiel den ukrainelessons - podcast, oder ein ukrainisch - deutsches Grammatikbuch.

Naja, und jetzt fühlt sich mein "Ukraine - Sprachkammerl" im Gehirn so an, als wäre es zwar ziemlich vollgestopft, aber auch komplett ungeordnet. Vieles kommt mir bekannt vor, aber ich finde nichts! Was ich mir vom Unterricht hier erhoffe ist, dass ich all das, was ich schon können sollte, auch wirklich festigen und anwenden kann.

Dass die meisten Quellen auf englisch sind, macht manches auch unnötig kompliziert, denn vieles am Ukrainischen ist ähnlich dem Deutschen, geht aber über den Umweg Englisch verloren, weil dort die Grammatik um so vieles einfacher ist. Aktuelles Beispiel: Im Englischen sind ja alle Dinge "it", während im Deutschen (und Ukrainischen) alle Hauptwörter ein Geschlecht haben.

Also: "Der Tisch ist alt. ER wackelt." Das hört sich für uns ganz normal an. Im Ukrainischen drückt man das genauso aus, nämlich indem man die männliche 3. Person Einzahl (er = він) verwendet. Auf englisch würde man aber nie sagen "The table is old. He wobbles." Das klingt total falsch und ist es auch.

Und jetzt geht es mir im Ukrainischen auch so - weil ich über den Umweg Englisch komme - dass das Ukrainische "er" in dem Satz bescheuert klingt, obwohl ich es doch vom Deutschen her eh so gewohnt bin.

Blöd!

Wie auch immer. Ich fahre brav mit der U-Bahn zum Unterricht, mittags auf dem Heimweg variiere ich aber meine Route, und gehe manchmal zu Fuß. Dabei sind folgende Bilder entstanden - allerdings mit dem Smartphone, was bedeutet: Schlechte Qualität. Bilder mit der besseren Kamera folgen. Irgendwann.


Unverhofft kommt oft: Dieses Banksy-Mural kannte ich aus dem Internet (noch ohne Banane!), und plötzlich stand ich leibhaftig davor!


Hier noch einmal der Maidan, dieses Mal von einem besseren Standpunkt:



Am Beginn der "Вулиця Хрещатик" (Chreschtschatik Straße) eine EU-Werbekampagne, die ich als EU-Bürgerin (Ich wünschte, mehr Menschen wären sich bewusst, was das eigentlich für ein Privileg ist!) herzerwärmend finde.


Gleich in der Nähe meines Unterrichts gibt es den wunderschönen, ruhigen, sehr grünen Park Володимирська гірка (Wolodymyr - Hügel). Den habe ich vor ein paar Tagen schon gestreift, aber heute bin ich raufgegangen:

Und kam in der Mitte des Geschehens wieder raus:

1. Der gigantomanische Säulenbau, der das Außenministerium beheimatet:


2. Die berühmte Ausstellung der zerstörten Panzer
(und auch zerschossene Privat-PKW):


3. Die Sophienkathedrale


Und dann noch als krönenden Abschluss entlang der
вулиця Володимирська zum "Goldenen Tor":
(Wieder mal auf gut Glück der Nase nach...)


Das Tor war seit 1024 das Stadttor von Kyiv, wurde 1240 beschädigt und 1982 (rekonstruiert und restauriert) zum 1.500-jährigen Stadtjubiläum Kyivs eröffnet (inkl. Museum).


*) Ich weiß ja nicht, wie es anderen Menschen geht, aber ich fühle mich schnell irgendwo "zuhause", auch wenn's nur sehr temporär ist. Ich sage dann schnell "Ich muss jetzt heim", und meine damit das Hotelzimmer. Allerdings fühle ich mich nirgendwo so wirklich "heimisch", aber das ist eine andere Geschichte.


 
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