30.06.2023

Warum Ukraine? 2/3 - Nichts wie weg!

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personal

Weiter geht's! Zusätzlich zum Arbeitsfrust hat sich auch klar herauskristallisiert, dass ich hier in der Obersteiermark nicht so recht Anschluss finden konnte. Und wollte.

Zwar komme ich oberflächlich mit den meisten Leuten gut aus, mit manchen auch sehr gut, aber das war's dann auch. Die Kontakte beschränken sich eigentlich auf (ehemalige) Arbeitskollegen.
Außerdem habe ich gar kein Bedürfnis nach einem größeren Freundeskreis - ich habe genug Freunde, sie sind nur leider in der Gegend verstreut.

Allerdings mit einem starken Wien-Nähe - Schwerpunkt.

Und da ich ein Stadtmensch (was Menschen und soziales Umfeld betrifft) im Körper eine Landpomerantsche (wegen der vielen Gegend) bin, ist es nicht einfach, das Problem dauerhaft zu lösen.

Allerdings gibt es Entwicklungen, die mich jetzt eher wieder in Stadtnähe treiben: Mein Enthusiasmus für Spaziergänge und Wanderungen hat in den letzten Jahren gelitten, was sicher auch der allgemeinen Überforderung zuzuschreiben ist, aber nicht nur.

Zum einen hat sich die Neuheit wohl ein wenig abgenutzt, zum anderen sind all die vielen Wege und Pfade, die ich in den ersten Jahren hier entdeckt hatte, mittlerweile unpassierbar und/oder zu deprimierend geworden.

Hier wird abgeholzt, was der Wald hergibt, und abgesehen davon, dass es schrecklich aussieht und einen angenehm schattigen Waldspaziergang in eine Wüstenwanderung in der prallen Sonne verwandelt, leiden auch die Wege und vor allem Trampelpfade stark unter den schweren Maschinen, mit denen gearbeitet wird. Der viele Regen in den letzten Monaten verbessert das alles auch nicht.

Aktuell gibt es keinen einzigen nahegelegenen Wald-Spazierweg mehr, der nicht in irgendeiner Weise beeinträchtigt oder völlig zerstört ist. Außerdem reißt neuerdings die Waldarbeit auch im Sommer nicht ab, vor wenigen Jahren war das wenigstens ein auf die Wintermonate beschränktes Phänomen.

Dann lieber gleich woanders wohnen mit guter Öffi-Anbindung, und regelmäßig irgendwo hinfahren, wo es wirklich (noch) schön ist.

Langer Rede kurzer Sinn: Auch wenn ich meine helle freundliche Wohnung mit dem Hammerausblick wirklich nicht hergeben will, hält mich sonst nicht mehr viel hier. Die ständigen Mieterhöhungen (erst letzte Woche wieder eine bekommen!) verleiden einem das Wohnen auch ein wenig. Wir sind mittlerweile bei knapp +20% angelangt, und die Betriebskostenabrechnung kommt erst noch.

Ich habe aber nicht nur einen Fluchtimpuls aus der Obersteiermark weg in Stadtnähe, sondern auch einen weg aus Österreich. Auch zu diesem Thema habe ich meinen Frust hier immer wieder geäußert, aber kurz zusammengefasst kann ich mich mit diesem rückwärtsgewandten, realitätsverweigernden Zugang zum Leben wirklich nicht identifizieren.

[Ich hatte (halb zum Scherz) überlegt, ob ich mein "Kalenderbeitrags-Projekt" aus dem Jahr 2021 fortsetzen sollte, aber unter der Überschrift: 365 Tage - täglich eine Politikersager, für den ich mich genieren muss... (Da hätt ich nur mit Österreich wohl ein ganzes Jahr vollbekommen!]

Ich schäme mich nur noch:
Für den Bundeskanzler, sein außenpolitisches Auftreten und seine "Wir sind eine Autofahrer-Nation" - Einstellung.
Für eine (ehemalige) SPÖ-Vorsitzende, die im Schlafwagen durch die Pandemie und die darauffolgenden Verwerfungen gefahren ist, und dem Kanzler beim Schengen-Veto auch noch beipflichtete.
Für die FPÖ sowieso, aber vor allem für die Leute, die diese Partei wählen.
Für die absolute Verweigerung (bei Bevölkerung und Politik), sich mit veränderten Realitäten auseinanderzusetzen (sicherheitspolitisch, aber auch was beispielsweise vor Jahrzehnten beschlossene Straßenbau-Projekte betrifft).
Für das Herumschieben von Verantwortung von den Ländern zum Bund, vom Bund zu den Gemeinden und wieder zurück, und: Schuld an allem ist sowieso die EU.
Für das herablassende Verurteilen von Korruption in anderen Ländern, während man sich nur gruseln kann, wenn man mitbekommt, was sich hierzulande so abspielt - und das alles irgendwie als "normal" betrachtet wird.

Dieses Land hat keine Vision für die Zukunft, und niemand* vermittelt auch nur den Willen, selbige mitgestalten zu wollen. Was "wir" wollen, ist zurück in die Vergangenheit. Ich frage mich, wie sich unsere jungen Leute fühlen.

*NEOS und Grüne ausgenommen.

Und deshalb werden wir nach der nächsten Wahl wieder eine Schwarz <=> Blaue Regierung haben, denn mehr als 50% der (wahlberechtigten) ÖsterreicherInnen werden wieder diese Parteien wählen. Trotz Ibiza, trotz "Projekt Ballhausplatz", trotz Korruption und Parteigeld- (und anderer) Affären.

(Ich lasse mich gern überraschen, aber ich glaube nicht daran, auch wenn sich in der SPÖ endlich was tut!)

Also: Das Gefühl, dass ich (mal) weg muss, wurde in den letzten Jahren immer überwältigender. Vielleicht legt es sich wieder, wenn ich merke, dass es woanders auch nicht viel besser ist. Nach meinem 2008/2009er - Auslandsjahr (BRD, UK, Kanada) war das so. Mal sehen.


 
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