02.09.2016

Seckauer Zinken (2.397m) - Tag 2 (28.08.2016)

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  Einer der wichtigsten Programmpunkte einer Übernachtung auf dem Berg ist natürlich der Sonnenaufgang. Um selbigen ja nicht zu verpassen, hatte ich mir den Handywecker gestellt.

Leider ist aber der Akku meines betagten Handy aufgrund der Kälte schlagartig in Streik getreten, sodass ich in der Nacht mit dem blöden Ding im Schlafsack kuscheln musste, um es warm und am Leben zu erhalten.


So richtig viel hatte ich zwar ohnehin nicht geschlafen, aber sicher ist sicher. Ab 5:00 Uhr habe ich also gespannt nach draußen gespäht und mit der Kamera herumexperimentiert, und so ab halb sechs wurde es dann interessant.


Wie zu erwarten war, wogt in den Tälern ein weißes Wolkenmeer, was von hoch oben ja wirklich wunderschön anzusehen ist.


Kurz vor sechs tauchen am Hämmer Kogel plötzlich ein paar Leute auf: Die wollen sich wahrscheinlich auch den Sonnenaufgang anschauen... DAS nenn' ich Motivation!





Um genau 6:09 Uhr dann der schnellste Sonnenaufgang,
den ich je gesehen habe:


Von "jetzt geht's los" bis "schon geschehen" in weniger als 1 Minute!


Meine (neue) Kamera ist mit der Situation völlig überfordert, weiß gar nicht, was sie in den Fokus nehmen soll, lässt sich auch nix dreinreden und produziert fast nur verschwommene Bilder... Da war wiederum die alte Kamera pflegeleichter - die hatte mit dem direktem Blick in die Sonne nicht solche Schwierigkeiten!


Binnen kurzer Zeit wechselt auch die Temperatur von sehr kühl auf ziemlich warm! Mein Zustand verlagert sich von *bibber* nach *schwitz* praktisch ohne Zwischenstufe.


Es gibt noch interessante Farbenspiele,...


... aber nach einer guten halben Stunde ist der Zauber dann auch vorbei.


Links oben: Schwebfliege.
Die sind sehr interessiert an meinem Zelt und "helfen" beim Abbauen.


Um halb acht bin ich dann soweit:
Alles verpackt, los geht's!


Zuerst wieder runter zum See (zum Auftanken ;o),
und dann auf den Hämmer Kogel rauf.



Etwa 300 Höhenmeter runter und wieder hoch.


Sollte zu schaffen sein, auch wenn's recht steil ist,
und abartig heiß für diese Höhenlage und Tageszeit.


Ich benötige viele kurze Verschnaufpausen, brauche fast 1½ Stunden, komme aber doch irgendwann an. Da ist schon einiges los,...


... und es drängt sich ein Kameramann auf:


Ich habe aber weder den Geist noch Zeit für Päuschen und/oder Pläuschchen, denn das heutige Programm hat es noch in sich:

Um vom Zinken nach Mautern zu kommen, muss man zuerst runter auf 1.958m, dann wieder hoch (Hämmer Kogel 2.253m), dann runter auf ca. 1.450m, und noch einmal bergauf (Bremstein 1.868m), und zum krönenden Abschluss gibt's noch eine Senke mit etwa hundert zu überwindenden Höhenmetern, bevor es dann gnadenlos steil bergab nach Mautern geht.


Da ich die Strecke ja schon einmal gegangen bin, weiß ich ungefähr, was mir blüht, aber anscheinend verzerrt der Rückspiegel, und mit schwerem Gepäck ist ohnehin alles anders...

Zu dem Zeitpunkt hätte ich noch die Chance gehabt, einfach den gleichen Weg wieder retour zu gehen und mir ein Taxi nach Knittelfeld zu organisieren, und kurz denke ich auch daran, aber "Ich hab ja Zeit..." und marschiere weiter.


Die Aussicht ist heute sehr gut:
Noch ein letzter Blick auf die Goldlacke...


... und dann geht's auch schon auf der anderen Seite runter:
Dahin, wo die Steinböcke sind!


Zuhauf!


Und nicht besonders schüchtern!



Sie gehen mir zwar aus dem Weg, als ich mich nähere,...


... aber besonders gestresst wirken sie nicht.


*kratz*



Wenn's aber auch überall juckt!



Die Gegend ist sehr malerisch, aber das "Geläuf" anstrengend!


Schottrig und steil!


Die hier stört das nicht:
(Das ist eine zweite Gruppe.)


Schon jetzt fangen meine Fußsohlen an, mir weh zu tun... Ich nutze den hier entspringenden Bach, um meine Füße zu kühlen, aber die Wirkung hält nicht lange an... Jetzt zeigt sich, dass meine Waldviertler, so angenehm zu tragen sie sonst auch sind, für solche Gewaltmärsche (vor allem Abstiege) nicht so richtig gut geeignet sind.

Und der Rucksack verursacht leichte Gleichgewichtsstörungen...


Kurz und gut: Rundum wohl fühle ich mich inzwischen nicht mehr...

Auch der ersehnte Schatten kommt nicht, auch nicht, als ich endlich die Baumgrenze erreiche: Hier ist alles entweder komplett kahlgeschlagen oder so ausgedünnt, dass es selbst im Wald kaum Schatten gibt.


Das über-Steine-stolpern fängt an, mich zu nerven, zwischendurch ist es abwechselnd entweder feucht und rutschig oder "rollsplittig" und somit rutschig, und schön langsam breitet sich der Schmerz von den Sohlen nach oben aus:

Die Knie sind als nächstes dran, und auch die Hüften, auf denen das Hauptgewicht des Rucksacks sitzt, melden Überanstrengung.


Und die Sonne brennt erbarmungslos auf mich herab. Zum Glück habe ich mich heute gleich in der Früh großflächig mit Sonnencreme eingeschmiert - in weiser Voraussicht, obwohl ich nicht geahnt hatte, WIE brutal das werden würde!


Und schon bald geht's wieder bergauf!


Immer wenn ich glaube, das Schlimmste wäre überstanden, kommt noch was drauf: Stolpern über frisch abgeholzte Äste, die auf den Wegen herumliegen, durch Matsch und Kuhhufe zerstörte Passagen, und dann verliere ich irgendwo unterwegs auch noch meine Weste, kurz nachdem ich - dank Gummigelenken nur relativ glimpflich - "verunfallt" bin.

Zum Umdrehen habe ich wirklich keine Energie mehr: Es ist mittlerweile fast Mittag, und kein Ende in Sicht!


Und noch einmal ein paar Höhenmeter rauf, mit sehr vielen kleinen Pausen - so viel habe ich noch bei keiner Wanderung "gepaust" und auch getrunken! - und um ca. 13:00 Uhr habe ich es endlich geschafft: Von nun an geht's bergab!

Ich kann mich des Gedanken nicht erwehren: Ich könnte längst zuhause sein!


Von da (Antonikreuz: 1.753m)...


... nach da (Mautern: 712m):


Schwarzbeeren und Preiselbeeren gäbe es hier zuhauf, wenn man denn welche ernten würde wollen:


Das ist das höchste der Gefühle, was Schatten betrifft:


Selbst zum Knipsen hab' ich keine Lust mehr...


Vom Betreten des "Waldes" bis zum Erreichen des Bahnhofes vergehen noch einmal zwei Stunden, die sich anfühlen wie vier. Der komplette Bewegungsapparat ist am Ende: Die Beine und Knie zittern, die Fußsohlen brennen, die Zehen schmerzen, die Hüfte will nicht mehr.

Und dann immer wieder pralle Sonne! Ich greife wieder auf meinen Schirm zurück, aber der ist knallorange und lindert nur wenig.


Um 15:30 Uhr erreiche ich endlich den Bahnhof in Mautern, der nette Mann am Schalter füllt noch einmal meine Trinkflasche auf, ich kaufe mir außerdem eine Cola und ein Eis im ziemlich abgefuckten Tankstellenshop und warte... Eine Dreiviertelstunde auf den nächsten Zug.

Der mich nach St. Michael bringt, wo ich noch mal warten muss... Eine ganze Stunde auf den Anschluss, und das bei sengender Hitze. Als ob St. Michael an diesem Tag noch extra beheizt würde!

Man glaubt es kaum, aber um 18:30 Uhr bin ich dann doch endlich zuhause in meiner angenehm kühlen Wohnung. Glücklicherweise habe ich bereits angekündigt, dass ich am darauffolgenden Montag vermutlich etwas später zur Arbeit erscheinen werde. So fertig war ich zuletzt nach dem Marathon! Und trotzdem ist ein kleines Wunder geschehen: Ich habe mir tatsächlich keinen Sonnenbrand eingefangen!

Was bleibt: Nie wieder Mautern! Und: Das Zelt ist toll, und der Seckauer Zinken auch. :o)


Und auch dieses Mal wieder ein paar ausgewählte Bilder in High Quality (öffnen im Popup-Fenster 1280x800 Pixel):


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