27.04.2020

We are so screwed

commentary

« previous

next »

Habe mir gerade "Planet of the Humans (2019)" angeschaut und bin jetzt ausreichend empört. Schauen wir mal, ob die Energie für einen ganzen Beitrag reicht...

Den Titel habe ich - wie schon erwähnt - dem letzten Farscape-Dreiteiler entnommen. Wer nicht weiß, was das heißt, und es auch nicht aus dem folgenden Text schließen kann, hier ein bisschen Englisch-Nachhilfe: We're screwed.

Der Film zerstört die Illusion (wer sie noch hatte), dass uns Wind- und Sonnenenergie, Biomassekraftwerke und Elektroautos retten werden. Von daher für mich nichts Neues dabei, allerdings wird gut aufgedeckt, mit wem sich sogenannte "Umweltorganisationen" eingelassen haben, um sich zu finanzieren.

Darüber hinaus bietet der Film nicht allzuviel, vor allem keine Lösungsansätze.


Wie auch immer: Zum Empören hat's gereicht. Vor allem, weil ich angesichts der aktuellen Lage (= dramatischer Wirtschaftsabschwung) kommen sehe, dass nicht einmal minimale Alibi-Maßnahmen gegen Umweltverschmutzung, Ressourcenausbeutung, Zerstörung von Lebensräumen und Klimawandel vorgenommen werden.

Weil die Devise lauten wird: Jetzt ist kein Geld da für solchen Luxus, jetzt müssen wir erst mal die Wirtschaft wieder ankurbeln!* Und da dies mit Sicherheit ein Projekt für das nächste halbe Jahrzehnt wird (mindestens!), heißt es dann wohl auch: Umweltschutz bye bye, konkret also:

Gletscher bye bye, Grönlandeis bye bye, Regenwälder (und indigene Bewohner) bye bye, Korallenriffe bye bye, Insekten und Vögel bye bye, fruchtbare Böden bye bye, naturbelassene Wälder bye bye,..

Ich frage mich, wie lange unsere Grünen das dann in der Regierung durchhalten, wenn sie noch nicht mal die wenigen Anliegen durchbringen werden, die ihnen am Herzen liegen. Es wird ja schon offen diskutiert (auch wenn die Grünen bisher noch "Alles in Ordnung" signalisieren), dass das Regierungsprogramm wohl so nicht halten wird. Also wird wohl wieder nichts aus meinem günstigen Österreich-Ticket.


* Und ja, mir ist schon klar, dass da Arbeitsplätze dran hängen, woran wiederum das nackte Überleben der Menschen bzw. Teilnahme am gesellschaftlichen Leben hängt. Aber vielleicht könnte man auch mal outside-the-box denken und sich jetzt ernsthaft mit Dingen wie "Postwachstum" beschäftigen, oder "Bedingungsloses Grundeinkommen", oder "Gemeinwohlökonomie".


Eins noch, bevor ich loslege: Ich habe noch nie so sehr gehofft, dass ich falsch liege und eines Besseren belehrt werde.


Wir brauchen "Maßnahmen zum Ankurbeln des Konsums" ("Kaufanreize"), ruft es schon von den Dächern. Denn anscheinend sind die Menschen, nach Wochen des Lockdowns, nun zögerlich, wenn's ums Geldausgeben geht, auch wenn die Geschäfte langsam wieder aufsperren.

Ich persönlich denke mir da: Gut für uns! Besinnen wir uns darauf, nur das zu kaufen, was wir auch WIRKLICH brauchen! "Die Wirtschaft" denkt natürlich: Das geht aber gar nicht, die Leute müssen kaufen, kaufen, kaufen!

Der Herr Martin Kocher (IHS) überlegt, wie man den Konsum wieder künstlich ankurbeln kann, nachzuhören im "Frühstück bei mir" - Podcast (mp3).

Und ich verstehe immer wieder nicht, wie das sein kann, dass uns einerseits mittlerweile anscheinend allen klar ist, dass das mit dem (unnötigen) Konsum und Ressourcenverbrauch so nicht weitergehen kann, und andererseits trotzdem zeitgleich davon redet, den Konsum wieder ankurbeln zu müssen.


Was mich ja auch gleich zu der Branche bringt, die mir fast so leid tut wie die Fluggesellschaften (dazu später): Der Autoindustrie.

Ohjemine, Leute kaufen nicht so motiviert Autos wie sonst! Jetzt sind wir ungefähr da, wo wir vor etwas mehr als einer Dekade auch schon waren, nämlich bei der berühmten "Abwrackprämie":
Die Umweltprämie sollte zum einen die Nachfrage nach Kraftfahrzeugen fördern und damit der Automobilindustrie helfen, die [...] infolge eines dramatischen Rückgangs der Verkaufszahlen von Neuwagen während der Finanzkrise 2007 global in existenzbedrohende Turbulenzen gestürzt war.

Der Standard titelt: Deutsche Autobranche fordert Staatsmilliarden

Gibt es heutztage wirklich noch Leute, die folgendes lesen (efahrer.chip.de) und denken: Jo, eh... Wo's recht haben!
Sie rechnen in diesem Jahr mit einem Produktionsrückgang von bis zu 12 Prozent - das sind zehn Millionen Autos weniger.

[Anmerkung: Oh wie schade!!!

Zur Info: Produktion von KFZ sowie Neuzulassungen pro Jahr Stand 2017 knapp 100 Millionen. Und weiter im Text: Weltweit gibt es im Jahr 2019 etwa 1,2 Milliarden Autos. Ihre Zahl steigt jährlich um etwa 8 % (100 Millionen).

Es ist eindeutig: Was wir dringend brauchen, sind MEHR AUTOS!!!]

Die Unternehmensberater haben sich auf die Auto-Branche spezialisiert und meinen: "Selbst wenn die Produktion weltweit wieder anlaufen kann, ist offen, wie schnell sich das Kaufverhalten normalisiert. [Normal???]


Overtourismus, Flugzeuge, Umweltzerstörung

Ich sag's gleich rundheraus: Ich hoffe, dass Kreuzfahrten aussterben, die Umweltschäden (und auch die negativen Auswirkungen auf Städte wie beispielsweise Venedig) braucht wirklich keiner.

Ich hoffe auch, dass sich viele Menschen in Zukunft genauer überlegen, ob sie wirklich für jeden Urlaub (und jede 2. Besprechung) in einen Flieger steigen müssen.

Allerdings glaube ich nicht daran - ich fürchte eher, es wird einen "Jetzt erst recht" - Backlash geben: Jetzt mussten wir fast ein Jahr ohne richtigen Urlaub ausharren, da wollen wir nächstes Jahr mal so richtig alles wieder aufholen! Wer weiß, wann das nächste Virus um die Ecke kommt...

Reiseveranstalter und Fluggesellschaften werden ihr möglichstes tun, um schnell wieder dahin zu kommen, wo man vor der Krise war - und die Staaten werden das kräftig subventionieren, als Arbeitslosenbekämpfungsmaßnahme natürlich. Weil es muss dringend Wirtschaftswachstum her!

Vielleicht sterben die ganzen Billigflieger weg, das wär' ja immerhin mal was. Die deutsche Lufthansa muss schon über Wasser gehalten werden, ebenso die AUA, und auch den Flugzeugherstellern geht es nicht besonders.

Eigentlich wäre jetzt der ideale Zeitpunkt, um noch einmal über diese unnötige Dritte Piste zu reden, aber ich vermute, das wird dann als "Infrastrukturprojekt" noch mal extra gefördert werden (Arbeitsplätze! Es geht ja um Arbeitsplätze!).

Weil während ich ja hoffe, dass der Flugverkehr dauerhaft dramatisch einbricht, sind natürlich alle relevanten Personen damit beschäftigt, möglichst schnell die Reisefreudigkeit wieder anzukurben, sobald coronamäßig das Schlimmste überstanden ist.


Ja, und dann wär' da noch der Wintertourismus. Ich weiß, das klingt pietätslos, aber ich hoffe sehr, dass Ischgl den schlechten Ruf nicht mehr so schnell los wird, damit vielleicht auch ganz Tirol etwas beschmutzt, und in Folge dessen das Skifahren und der gesamte Wintertourismus-Wahnsinn wieder auf ein halbwegs gesundes Maß zurückschrumpfen. Vielleicht kann man sich dann die vermaledeite "Gletscherehe" auch sparen...

Aber auch da sehe ich eher einen "Jetzt erst Recht" - Effekt auf uns zurollen, denn ich bin hoffnungslos zynisch mittlerweile. (Oder realistisch?)


Und natürlich geht vieles an Umweltzerstörung hinter den Kulissen fröhlich weiter, aber halt von der Corona-Berichterstattung etwas ertränkt: Regenwald-Abholzung, Zerstörung der letzten europäischen Urwälder in Rumänien, Korallenbleiche am Great Barrier Reef, Wilderer rotten Arten aus und Österreich versiegelt weiterhin Böden, als ob es kein Morgen gäbe...


Da gab's am Anfang der Corona-Krise Stimmen, dass nach Corona alles ganz anders, und vieles besser werden würde. Ich habe daran von Anfang an nicht geglaubt, wie ich vor gut einem Monat schon mal geschrieben habe.

In (m)einer idealen Welt würden sich jetzt alle mal zusammensetzen, die Fakten auf den Tisch legen (1. Unendliches Wachstum auf einem endlichen Planeten = unmöglich und 2. Wenn es jemals so etwas wie Fairness auf diesem Planeten geben soll, dann werden die Industrienationen ihren Fußabdruck gewaltig verkleinern müssen.) und die aktuelle Situation dazu nutzen, eine neue Art des Wirtschaftens anzudenken und auch umzusetzen.

Aber natürlich wird das nicht passieren, denn es muss jetzt SCHNELL etwas getan werden, denn die nächsten Wahlen stehen schon wieder vor der Tür. Also noch mal Party bis zum Abwinken, und hinter uns die Sintflut.


Dazu kommt noch, dass es wieder die am schlimmsten erwischen wird, die es ohnehin schon am schwersten haben. Denn auch wenn man immer wieder hört "Das Virus diskriminiert nicht, arm und reich, jeder ist betroffen", stimmt das natürlich nicht.

Wer reich ist, kann sich abschotten und sich ein Krankenhausbett kaufen, wer in einem reichen Land lebt (auch wenn er/sie selbst nicht reich ist), hat generell bessere Chancen auf eine gute medizinische Betreuung. Wie immer trifft es in den reicheren Länderen die ärmeren Menschen und generell den globalen Süden schlimmer als den Norden bzw. Westen.

Vielleicht schafft Corona ja, was Pocken, Pest, Masern und Grippe nicht geschafft haben und rottet die indigene Bevölkerung endgültig aus.

Im Wesentlichen nichts Neues also...


So. Und jetzt ist es wieder einmal viel zu spät (21:00 Uhr), morgen wartet also der nächste übermüdete Tag auf mich. Auch da nichts Neues also. Gute Nacht!


 
« home
« previous
» archives «
next »